
Moos
Wer „Moos“ googelt, findet sofort Dutzende Seiten, die Tipps und Material rund um das Entfernen und Bekämpfen von Moos bieten. Wir persönlich finden nackte Beton-Beeteinfassungen nicht schöner als solche, auf denen sich im Lauf der Jahre ganz natürlich Moos angesiedelt hat. Wir sind Moos-Fans.

Da kauft man getopftes Irisches Sternmoos im Gartencenter und pflanzt es ins Beet (wo es meist den Winter nicht überlebt), vernichten aber das heimische, winterharte Moos im eigenen Garten?
Moose bieten Kleinstlebewesen einen Lebensraum und sind ökologisch bedeutungsvoll. In Japan wird die schöne Tradition und Kunst der Moosgärten gepflegt, in denen die unterschiedlichsten Farben und Formen der Moose gefeiert werden.

Bei uns dagegen wird Moos meist als Störenfried im Rasen oder auf feuchten, schattigen Oberflächen gesehen und verbissen bekämpft. Nicht selten mit Chemie. Dabei ist es dort, wo es sich selbst ansiedelt und gedeiht, garantiert die richtige Pflanze am richtigen Ort („right plant right place“, die oberste Regel der englischen Gartengestalterin Beth Chatto) und somit ein Glücksfall für Natur und Gärtner.
Zudem spielt Moos eine wichtige Rolle im Ökosystem. Es trägt zur Verbesserung der Luftqualität bei, speichert CO₂ und Feuchtigkeit und bietet Lebensräume für kleine Tiere und Insekten.

Seine rund 16.000 bekannten Arten sind im Lauf von 400 bis 450 Millionen Jahren aus Grünalgen entstanden und gehören damit zu den ältesten Landpflanzen überhaupt. Die blütenlosen Sporenpflanzen (wie Farne) sind sehr anspruchslos und verfügen über kein Stützgewebe oder Leitsystem für Wasser und Nährstoffe. Je nach Lebensraum sind sie sehr spezialisiert und betreiben faszinierend verschiedene Strategien, um in ihrer Umgebung zu gedeihen. Deshalb lassen sie sich auch kaum erfolgreich versetzen oder umsiedeln. Wir haben mal versucht, bei unserer Gartennachbarin von der Terrasse abgekratztes Moos bei uns im Garten an verschiedenen Stellen anzusiedeln, aber die meisten Stücke waren doch zu wählerisch und wollten am neuen Ort nicht gedeihen. Ein paar aber immerhin schon. Jippie!

Es gibt Moose, die selbst jahrelange Trockenheit überstehen. Im feuchten Zustand halten sie zeitweise Temperaturen von 42 bis 51 °C aus, trocken sogar 85 bis 110 °C. Im Labor können trockene Moose ein Stickstoffbad von bis zu – 196 °C überleben.
Echte Wurzeln haben Moose nicht, die meisten nehmen Nährstoffe allein aus dem Regen auf. Sie verfügen über einen Verdunstungsschutz und Austrocknungsresistenz, bilden antimikrobielle Stoffe gegen Pilze und Bakterien und vermehren sich über unterschiedlichste Fortpflanzungsmechanismen.
Da Moose sehr sensibel gegenüber Luft- und Wasserverschmutzung sind, gelten sie heute als ausgesprochen gefährdet und stehen unter Naturschutz. Von den in Deutschland heimischen ca. 1.100 Moosarten (Hornmoose, Lebermoose und Laubmoose) sind viele bedroht oder bereits ausgestorben.
Wer in seinem Garten schon mal moosige Stellen zu unterschiedlichen Jahreszeiten unter der Lupe angeschaut oder mit Zoom fotografiert hat, kann eigentlich nur fasziniert von diesen Pflanzen sein.
Statt sich Moosbilder aus totem, chemisch präpariertem Moos zu basteln und an die Wand zu hängen, ist das Beobachten des lebendigen Mooses im eigenen Garten eine allemal interessantere Beschäftigung.
Vielleicht bringt das auch den einen oder anderen Gartler dazu, mal barfuß über die weichen moosigen Stellen im Gras zu gehen. Vor allem im Frühling, wenn das Gras noch zögert, das Moos sich aber schon zu dichten grünen Polstern entwickelt hat. Und vielleicht wird er sie dann nicht mehr bekämpfen, sondern als wertvolle Bereicherung der Flora schätzen und schützen.
